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Ökumenische Klinikseelsorge Kaufbeuren

„Leben im Sterben“ – die Woche für das Leben 2021

Seit vielen Jahren laden die evangelische und die katholische Kirche Deutschlands im Frühjahr zu einer „Woche für das Leben“ ein. Fragen und Erfahrungen rund um den Schutz des Lebens und seiner Würde werden in der Öffentlichkeit thematisiert – sei es durch Vorträge, Diskussionsrunden, Gottesdienste, Ausstellungen und künstlerische Aktionen. 2020 lautete das Motto dieser ökumenischen Initiative „Leben im Sterben“. Coronabedingt mussten die geplanten Veranstaltungen abgesagt werden, das Thema wurde für 2021 neu platziert. Auch wenn die Pandemielage weiterhin angespannt ist, wird die bundesweite Woche für das Leben nun am Samstag, 17. April, mit einem Gottesdienst im Augsburger Dom eröffnet. Eine Teilnahme ist hier und an der anschließenden Podiumsdiskussion nur im Livestream möglich.

Leben im Sterben – ist diese Formulierung nicht ein Widerspruch in sich? Man muss sicher gut unterscheiden: in vielen Situationen von Sterben und Tod ist es für die Betroffenen einfach nur tragisch und schlimm. Wenn der Partner allzu früh stirbt, ein Kind durch Unfall oder Krankheit sein Leben verliert, Menschen in der Mitte ihrer Kraft oder auch nach einem langen Leben noch so viel vor hatten…

Das Thema der diesjährigen Aktionswoche möchte das Sterben mit seiner manchmal brutalen Härte nicht verklären. Es möchte aber den Blick freigeben auf Momente neuer Sinnerfahrung, für die gerade in der Palliativ- und Hospizarbeit bewusst ein Raum eröffnet wird. In meinen Dresdner Jahren als Klinikseelsorger war ich u.a. auf einer damals neu eingerichteten Palliativstation tätig. Menschen in ihrem Sterben zu begleiten – das war für mich eine intensive, herausfordernde Erfahrung, die so nur in einem menschlich und fachlich qualifizierten Team von Pflegenden, Ärzt*innen und weiteren Therapeut*innen möglich war. Auch im Klinikum Kaufbeuren gibt es seit nunmehr vielen Jahren eine Palliativstation und ich darf hier als Seelsorger wiederum in einem höchst engagierten Team mitwirken. Meist sind es Frauen und Männer mit einer unheilbar gewordenen Tumorerkrankung, die auf der Station behandelt und begleitet werden. Krankheitsbegleitende Symptome wie Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Atemnot o.ä. Beschwerden können gelindert oder ganz behoben werden. So wird eine letzte Lebenszeit zuhause, im Heim oder im Hospiz möglich, ein Stück Lebensqualität zurückgewonnen. Nicht wenige Patient*innen versterben aufgrund der weit fortgeschrittenen Erkrankung auf der Station, teils bei einem ersten, teils bei einem wiederholten Aufenthalt. Wichtig sind aber auch die ambulanten Dienste der Palliativ- und Hospizversorgung; gerade  die Überleitung zu diesen professionellen Begleitern in der Häuslichkeit ist einer der Schwerpunkte in der stationären Betreuung.

Leben im Sterben? Viele Menschen mit ihren Persönlichkeiten, Lebensgeschichten und so auch mit ihrem individuellen Sterben gehen mir bei diesem Motto durch den Sinn. Im Team ist gottlob nicht nur der Seelsorger für die spirituellen Belange zuständig. Was Menschen im Leben und Sterben trägt, kann sehr unterschiedlich zum Ausdruck kommen. Manchmal hat es eine klare Sprache und sucht ausdrücklich die Unterstützung in Gebet und Ritual. Manchmal aber sucht es mehr den leisen Ausdruck über die erfahrene Zuwendung. Über ein stilles Einverständnis etwa mit den Pflegenden, die behutsam bei der Lagerung und Symptomlinderung unterstützen, dabei manche Verzweiflung oder Schwächeerfahrung mit aushalten, wie sie auch die Freude über einen halbwegs gelungenen Tag und das Geborgensein etwa in der Familie mitfühlen. Existentielle Themen klingen dabei oft mit an: mein Leben im Loslassen noch einmal als eine Ganzheit betrachten und würdigen können, Versöhnung, Sorge um den zurückbleibenden Partner, prägende Lebenssituationen und vielleicht noch immer schmerzende Erlebnisse, meine Reise mit Gott und vielleicht auch mein Ringen mit ihm…

Im Themenheft, das Sie in einer aktualisierten Fassung im Internet unter www.woche-fuer-das-leben.de herunterladen können, werden viele dieser hier nur angerissenen Aspekte vertieft. Ich wünsche Ihnen eine gute und weiterführende Auseinandersetzung mit einem Thema, das uns früher oder später alle angeht – wozu es heute aber auch viele Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten gibt!

Matthias Mader, Klinikseelsorge Kaufbeuren