Ende Juni war ich zur Fortbildung in der Hospiz-Akademie Bamberg. Auf der Rückfahrt hatte ich in meinem Koffer ein Bruchstück. Nein: es ist mir keine Flasche oder sonst was Empfindliches zu Bruch gegangen, wie das auf Reisen manchmal passiert. Das Bruchstück war vielmehr bewusst in einen weißen Rahmen gefasst und schmückt seitdem als eindrucksvolles Bild unsere Wohnung. Es handelt sich dabei um einen kleinen, unbearbeiteten Mauerstein, der beim Niederreißen einer Wand zunächst als Schutt übrig blieb. Die Mitarbeitenden der Akademie hatten bei dieser notwendigen Sanierung die schöne Idee, viele dieser Mauersteine zu einem Kunstprojekt umzuwidmen und gegen eine Spende für die Hospizarbeit zu veräußern. Auf goldenem Grund zeigt nun dieser grünlich schimmernde Stein, dass Bruchstücke zu unserem Leben gehören. Manchmal geht etwas in uns oder auch in unserem Lebensverhältnissen zu Bruch: Beziehungen, Pläne, gesundheitliche Sicherheiten u.a.m. Manchmal lässt uns diese schmerzliche Erfahrung neu „aufbrechen“, auch wenn das mit Kämpfen und Geduldsproben verbunden ist und das neu Tragende sich meist nicht von selbst einstellt. Nicht nur in der Hospizbegleitung wird das als Herausforderung verstanden: die einzelnen Bruchstücke meines Lebens zu einem Ganzen werden zu lassen, mich auch mit meinen Halbheiten und allem Unfertigen anzunehmen und in Gottes Wohlwollen zu bergen. In der Bibel weiß Paulus in 2 Korinther 4 auch aus eigener Erfahrung davon zu erzählen, dass wir „einen Schatz in zerbrechlichen Gefäßen“ tragen – der goldene Grund, der den Bruchstein hier auf dem Bild trägt, will uns vielleicht daran erinnern. Der Musiker Leonhard Cohen drückt dieses geheimnisvolle Versprechen in einem seiner Songs für uns Leute von heute so aus: „There’s a crack in everything. That’s how the light get‘s in.“ Die Brüche unseres Lebens, die das Licht erst durchscheinen lassen… Aber vielleicht fällt Ihnen noch was ganz anderes zu diesem Bild ein?
Matthias Mader