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Ökumenische Klinikseelsorge Kaufbeuren

Fürchte Dich nicht

Liebe Leserin, lieber Leser,
ein kleiner Junge fährt jedes Jahr in den Sommerferien zu seiner Großmutter. Sie wohnt ganz im Norden von Deutschland und die Fahrt dauert viele Stunden. Seine Eltern begleiten ihn jedes Jahr und fahren dann nach ein paar Tagen wieder nach Hause in den Süden Deutschlands um ihn dann am Ende der Ferien wieder von dort abzuholen.
Als der Junge ein paar Jahre älter geworden ist, sagt er vor den großen Ferien am Tisch zu seinen Eltern: Jetzt bin ich schon groß und möchte ganz alleine mit dem Zug zur Oma fahren. Ihr müsst mich nicht mehr begleiten. Nach einer kurzen Debatte sagen die Eltern: Okay dann kannst Du das ja mal ausprobieren.
Der Tag der Abreise rückt näher und der Junge freut sich darauf endlich einmal ganz alleine unterwegs zu sein. So groß ist er nun schon.
Als die Eltern sich am Bahnsteig von ihrem Sohn verabschieden, steckt der Vater ihm einen kleinen Zettel in seine Hemdtasche und sagt: Wenn Du Angst bekommst, hol diesen Zettel hervor und lies was drauf steht. Aber nur für diesen Fall!
Der Zug fährt los und stolz sitzt der Junge auf seinem Platz und freut sich jetzt endlich mal alleine die weite Reise machen zu können.
Immer wieder kommen Menschen an seinem Abteil vorbei setzen sich hin, steigen wieder aus…
Einige schauen ihn verwundert an, andere sprechen ihn an. Bist Du ganz alleine?
Oder. Ach der arme Junge muss ganz alleine fahren, dass das seine Eltern erlauben
Aber vielleicht hat er gar keine Eltern mehr…
Und als er die Menschen im Zug so hört, wird er traurig, dass er so allein da sitzt. Und nach einer Weile kommt die Angst in ihm hoch.
Da erinnert er sich an den Zettel, den ihm sein Vater in die Hemdtasche gesteckt hat.
Er holt ihn heraus. faltet ihn auf und liest:
Ich sitze im letzten Waggon!
Als ich diese Geschichte und ihr starkes Ende zum ersten mal gehört habe, hat sie mich sehr berührt.
Und so stelle ich mir das für mich mit Gott vor. In unserem Lebenszug fährt er immer mit – unbemerkt und unaufdringlich im letzten Waggon und ist da mit seinem Zuspruch: „Fürchte dich nicht!“
Genauso steht es in der Bibel beim Propheten Jesaja:
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, und wenn du durch Ströme gehst, sollen sie dich nicht ersäufen. Wenn du ins Feuer gehst, wirst du nicht brennen, und die Flamme wird dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.“ (Jesaja 43, 1-3)
Vielleicht kennen Sie dieses Bibelwort als (eigenen) Taufspruch – als Zuspruch zum Leben. Schauen Sie doch mal nach.
Herzlich,
Ihr Johannes Steiner